... DUMM GELAUFEN IN LETZTER ZEIT – 6 Berichte

1. DIE TRAUMFRAU

Udo hat heute Abend im "Blauen Engel" seine Traumfrau kennengelernt, davon ist er jedenfalls felsenfest überzeugt. Er führt Herlinde, so heißt die herbe Schönheit im hautengen Lederdress, in das zweitbeste Restaurant am Platz und nach dem Sahneeis mit Himbeeren, meint Udo seinem Ziel schon ein Stückchen näher gekommen zu sein.

Er bemerkt zwar, dass die Frau auf Annäherungsversuche sehr zurückhaltend reagiert, aber immerhin hat sie geduldet, dass er seine Hand gelegentlich auf die ihre legte. Er lädt Herlinde auf einen Kaffee in seine Wohnung ein und nachdem sie seine CD-Sammlung inspiziert hat und sich eine Kuschelrock-Scheibe im Player dreht, lächelt die Schöne Udo an und meint: "So, nun sollten wir aber langsam etwas wirklich Spannendes unternehmen."

"Ich hab´s doch gewusst, in diesem Eisberg schlummert ein Vulkan", denkt Udo triumphierend und balzt: "Richtig, lass uns unseren Gefühlen endlich freien Lauf lassen und diesen ganzen konventionellen Schrott über Bord werfen!" "Ja", gurrt Herlinde, "mir ist verdammt nach Sinnlichkeit zu Mute."

"Das ist ja wunderbar", lechzt Udo, "wir wollen also beide genau dasselbe!" "Korrekt", antwortet Herlinde und nimmt Udos Hand von ihrem Knie, "also los, schnapp dir deine Jacke und lass uns ganz schnell zwei richtig scharfe Frauen aufreißen!"

© W. Mürmann/Tomus Verlag, München

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2. DAS TELEFONAT

Konrad Locher hat es endlich geschafft: Befördert zum Dienststellenleiter in der Stadtverwaltung mit Einzelbüro und eigener Sekretärin. Diese ist nicht nur ausgesprochen tüchtig, sondern sieht auch blendend aus und macht in jeder Hinsicht eine gute Figur. Keine Frage, dass Locher ihr imponieren möchte. Als es an seine Tür klopft, erkennt er durch die Milchglasscheibe die Konturen der jungen Frau und beschließt, sein Vorhaben sofort in die Tat umzusetzen. Er greift geschäftig zum Telefon und ruft, zur Tür gewandt: "herein".

Während die Frau den Raum betritt, palavert Locher in die Sprechmuschel: "Tja, Herr Oberbürgermeister, ich fange gerade an, den Laden unter die Lupe zu nehmen. Ich kann Ihnen aber jetzt schon versichern, dass ich hier mit eisernem Besen kehren werde. Dieser Behördenapparat bedarf einer dringenden Straffung, da können Sie sich ganz auf mich verlassen!"

Die Sekretärin will sich mit den Worten: "Oh, ich möchte nicht stören", zurückziehen, doch Konrad bittet sie mit jovialer Geste auf den Besuchersessel und führt sein wichtiges Telefonat fort.

"Ja sicher sollten wir uns mal wieder auf ein Gläschen zusammensetzen. Ich wolle Ihnen ohnehin, so ganz unter uns, ein paar Vorschläge für die neue Wahlkampfstrategie machen. Na, dann bis heute Abend und grüßen Sie Ihre Frau von mir – ach übrigens, sagen sie ihr bitte, sie würde den besten Cappucino der Stadt bereiten. Ja, ja, ha ha, so ist es, Herr Oberbürgermeister, auf Wiederhören!"

Mit einem gewinnenden Lächeln wendet sich Konrad Locher nun seiner neuen Sekretärin zu, die seine Ausführungen mit sichtlichem Interesse verfolgt hat. "Entschuldigen Sie bitte, Frau Dornreich, aber der Oberbürgermeister brauchte dringend meine Hilfe, Sie verstehen? Was kann ich denn für Sie tun?"

"Aber sicher verstehe ich das, Herr Locher, ich komme nur, um Ihnen Bescheid zu sagen, dass die Techniker wegen dringender Reparaturarbeiten vor einer halben Stunde die Telefonanlage abgeschaltet haben."

© W. Mürmann/Tomus Verlag, München

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3. DIENSTEIFER

Wir schreiben den 26. Februar. Hilfspolizist Werner Wachshold hat dienstfrei und ist mit seinem PKW in Richting Sporthalle unterwegs, wo er an den regionalen Hallen-Scrabble-Meisterschaften teilnimmt.

Während er gedanklich schon beim raffinieten Eröffnungslegen ist, fällt ihm ein vorausfahrender Lastwagen auf, von dessen Ladefläche ständig Sand, Kies, oder Ähnliches auf die Straße rieselt.

Wachshold wäre kein gestandener Hilfspolizist, wenn er nicht sofort bereit wäre, bei diesem verkehrsgefährdenden Vorgang einzugreifen. Also schaltet er Scheinwerfer und Warnblinkanlage ein, um dann, ständig hupend, mit seinem zwölf Jahre alten Golf Diesel in einem waghalsigen Überholmanöver vor den Lastwagen zu gelangen.

Wie in unzähligen Action-Thrillern gesehen, bremst er den Laster aus und hält mit qualmenden Reifen am rechten Fahrbahnrand. Als Wachshold gerade im Begiff ist auszusteigen, donnert der LKW allerdings haarscharf an ihm vorbei. Dabei sieht der Beamte, wie der Fahrer sich schimpfend an die Stirn tippt.

Wachshold reißt sein Handy aus dem Gürtelhalfter und setzt seine Kollegen über einen ‘verantwortungslosen LKW-Rüpel, der seine Ladung verliert’, in Kenntnis. Er bittet sie, unter Angabe von Position und Fahrtrichtung des Flüchtigen, diesen umgehend zu stellen. Dann nimmt Wachshold die Verfolgung auf.

Wenige Kilometer weiter sieht er das Blaulicht von Streifenwagen. Seine Kollegen haben mit ihren Fahrzeugen eine Straßensperre errichtet und den LKW gestoppt.

„Damit hast du Pfeife wohl nicht gerechnet“, brabbelt Wachshold böse grinsend vor sich hin, stoppt seinen klapprigen Golf und springt wütend heraus. Ohne auf seine Kollegen zu achten, stürmt er auf den LKW-Fahrer zu und brüllt ihn an: „Warum haben Sie eben mein Stoppzeichen missachtet und mich fast über den Haufen gefahren, Sie Verkehrsrowdy?“. „Weil ich mich nicht von jedem Idioten anhalten lasse!“, brüllt der LKW-Fahrer zurück.

„Hören Sie mal“, kreischt Wachshold, „ich bin seit zehn Jahren bei der Polizei und weiß, was ich tue!“ „Und ich bin seit zwanzig Jahren LKW-Fahrer und weiß, was ich nicht tue!“, giftet der Mann zurück.

In diesem Moment nimmt ein Beamter aus einem der Streifenwagen, Hilfspolizist Wachshold zur Seite und flüstert: „Nun lass den mal lieber in Ruhe, Werner. Fahr zu deinem Hallen-Scrabble und morgen erklär ich dir auf der Wache mal in aller Ruhe was ein Streuwagen ist und warum der seine Ladung verliert.“

© W. Mürmann/Tomus Verlag, München

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4. SCHÖNE PLÄTZE

Georg Schwaller hat seiner Frau versprochen, endlich einmal wieder eine Theateraufführung zu besuchen. Also wählt er die Nummer das Stadttheaters und es ergibt sich folgender Telefondialog:
S.: „Schwaller hier, ich hätte gern zwei gute Plätze für nächsten Sonntag, haben Sie noch etwas frei?

T.: „Ja sicher, zwei Plätze, sagen Sie?“

S.: „Richtig, haben Sie noch welche in der ersten Reihe?

T.: „Ich glaube nicht, aber Moment, ich sehe mal auf dem Plan nach – in der zweiten Reihe hätten wir noch zwei sehr schöne Plätze nahe am Gang.“

S.: „Am Gang ist ja nicht so günstig, aber na gut, die nehmen wir dann.“

T.: „Augenblick mal, ich sehe gerade, Sie könnten auch vier zusammenhängende Plätze, die etwas weiter vom Gang entfernt liegen, bekommen.“

S.: „Nein nein, wir sind ja nur zu zweit und wüssten auch gar nicht, wen wir da mitnehmen sollten.“

T.: „Schon gut, ich wollte es ja nur gesagt haben, wie lange möchten Sie die Plätze mieten?“

S.: „Wie lange? So lange die Veranstaltung dauert natürlich.“

T.: „Nun, die Veranstaltung, wie Sie es nennen, hat ja nun mal kein festgelegtes Ende, nicht wahr?“

S.: „Ach so, ist sicher sowas Modernes mit open end. Also länger als zehn bleiben wir nicht.“

T.: „Gut, zehn, ich rechne das mal gleich aus. Für zwei Plätze kommen wir auf 3.640 Mark zuzüglich Mehrwertsteuer.“

S.: „Wie bitte? Wollen Sie mich veralbern? Das ja eine Unverschämtheit, ich wollte doch nicht das Theater kaufen!“

T.: „Wieso Theater, bitte?“

S.: „Na, ich spreche doch mit der Kartenverkaufsstelle des Stadttheaters, oder?“

T.: „Nein, da haben Sie sich verwählt, Sie sprechen mit dem Grabstellenvergabe der Friedhofsverwaltung ...“

© W. Mürmann/Tomus Verlag, München

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5. ALTE MÄNNER

Man hat sich zu einem Damenkaffeeklatsch getroffen und worum drehen sich die Gespräche, nachdem das Thema Kinder abgehandelt ist? Klar, um die Männer.

Da fragt zum Beispiel Frau Doktor Gängelried, (sie hat zwar nicht promoviert, ist aber immerhin mit einem Doktor der Philosophie verheiratet), die neben ihr sitzende junge Frau Langmuth: „Sie sind ja nun schon seit zwei Jahren mit Ihrem Professor verheiratet. Nun sagen Sie doch mal ehrlich, wie lebt es sich denn mit einem dreißig Jahre älteren Mann?“

„Im Großen und Ganzen recht angenehm, wenn man in gewissen Dingen nicht zu anspruchsvoll ist, Sie verstehen?“, antwortet die. „Sicher“, entgegnet Frau Dr. Gängelried wissend lächelnd, „aber dafür hat man ja schließlich Gärtner und Tennislehrer.“

„Mein wirkliches Problem ist die zunehmende Zerstreutheit meines Karl. Neulich hatte er eine leichte Grippe und ich hab vorsorglich den Doktor bestellt. Als der endlich kam, saß Karl schon wieder über seinen Büchern und als ich sagte ‘der Arzt ist da’, murmelte er: ‘ich hab jetzt keine Zeit, sag ihm ich sei krank’ – sowas nervt dann schon!“

„Das ist noch gar nichts“, kichert die Professorengattin Langmuth, mein Dankmar ist da noch viel extremer. Erst gestern hab ich ihn nachts um halb drei ins Bett gwuchtet, weil er mal wieder seine Sachen fein säuberlich auf die Kissen gelegt hatte und schnarchend über der Stuhllehne hing!“

© W. Mürmann/Tomus Verlag, München

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6. EHRLICHES KIND

Dialog zwischen Mutter und Tochter:

M.: „Wie kommst du dazu, dauernd heimlich mein Schminkzeug zu benutzen?“

T.: „Ich möchte, dass Dennis mich megacool findet!“

M.: „Wer ist Dennis?“

T.: „Ein total süsser Typ aus der Parallelklasse!“

M.: „Aha – und mit dem gehst du?“

T.: „Hä? Wir sind zusammen, klar!“

M.: „Und was macht ihr so zusammen? Ich meine Du erinnerst dich hoffentlich daran, was ich dir erklärt habe, schließlich bist du noch keine fünfzehn!“

T.: „Erst haben wir nur geredet und sind am Ententeich spazieren gegangen, dann haben wir auch schon mal geknutscht und ein bisschen gefummelt.“

M.: „Ich hab dir doch gesagt, du sollst dich gar nicht erst auf solche Fummeleien einlassen, Das führt zu nichts Gutem!“

T.: „Ich fand ´s aber ziemlich gut, Mutti, und plötzlich war ´s mir auch egal, was du erzählt hast, das war einfach ein ganz irres Gefühl!“

M.: „Das ist ja wohl die Höhe, da lässt du dich von irgendeinem Bengel befummeln, der wahrscheinlich noch mit einem Dutzend anderen Mädchen rummacht!“

T.: „Nee nee, Mutti, also das stimmt nicht. Dennis hat mir geschworen, dass ich die Erste bin, mit der er sowas macht und dass er mich echt liebt!“

M.: „Und diesem Gerede glaubst du, entschuldige, aber mir scheint, ich habe deine Naivität noch weit unterschätzt!“ T.: Dennis hat mir sogar bewiesen, dass er noch nie etwas mit Mädchen hatte! Als wir auf seiner Bude waren, hat er mir nämlich gezeigt, dass er zum Teil noch mit so einem Plastikbeutel originalverpackt ist. Am nächsten Tag wusste ich natürlich, dass er mich angefunkert hatte und die Verpackung ein Kondom war. Aber bei Hip-Hop, voll bekifft und mit drei Glas Asti im Bauch glaubt man Dennis einfach alles!“

M.: „Darf ich mal zusammenfassen“, kreischt die Mutter nun mühsam um Fassung ringend, „du wirst in drei Monaten fünfzehn, rauchst Haschisch, trinkst Alkohol, schläfst mit einem gewissen Dennis und erzählst mir von alledem wie von einer Fahrradtour – ich sollte Dir jetzt eine knallen!“

T.: „Ich hab versprochen, immer ehrlich zu sein, Mutti, und das war ich!“

M:. „Den Rest deiner Versprechungen hast du aber leider vergessen. Ich bin jedenfalls maßlos enttäuscht von dir. All die moralischen Werte, die Vati und ich versucht haben dir mit auf den Weg zu geben, haben offenbar nichts gefruchtet. Das ist wirklich desillusionierend!

Wir werden morgen gemeinsam mit deinem Vater ein sehr ernstes Gespräch darüber führen. Diesen besonderen Tag möchte ich ihm allerdings nicht mit deiner Horrorgeschichte verderben. Du weißt ja, dass wir heute seine Haftentlassung und seinen dreißigsten Geburtstag groß feiern ...“

© W. Mürmann/Tomus Verlag, München