OMA GROTTENDORF FLIEGT

Oma Grottendorf hatte ihre Tochter in München besucht und befand sich auf dem Rückflug nach Hamburg. Sie hatte sich zur Feier des Tages zwei Gläschen Sekt genehmigt und war nun auf der Suche nach einer Toilette. Das Unglück wollte es, dass sie dabei in das Cockpit des Cityjets geriet. Die alte Dame mochte ihren Augen nicht trauen: Das saßen doch wohl zwei junge Burschen mit diesen Walkmännern auf den Ohren vor der Glotze herum und spielten Computerspiele, statt gewissenhaft ein Flugzeug zu lenken!

Oma Grottendorf konnte da niemand etwas vormachen. Sie kannte das alles nur zu gut von ihrem renitenten Enkelsohn Eric, der auch immer mit so einem großen Joystick vor seiner Flimmerkiste saß und auf irgendwelche virtuellen Aliens ballerte!

Hatten diese beiden Rotzlöffel denn überhaupt kein Verantwortungsbewusst-sein gegenüber den ahnungslosen Passagieren, die sie durch ihr Verhalten in Lebensgefahr brachten? Oma Grottendorf schritt zur Tat: Sie riss den verdutzten Piloten die Kopfhörer von den Ohren, drückte auf die roten "Off"-Knöpfe der Fernseher und herrschte die beiden Männer an: ?"Verdammt noch mal, ihr sollt fliegen und hier nicht rumspielen, das ist ja wohl die Höhe!"

Als die Passagiere das Flugzeug nach der Bruchlandung auf dem Segelflugplatz Schneekoppe über die Notrutschen verlassen hatten und von Rettungskräften erstversorgt wurden, gab Oma Krottendorf dem Fernsehteam vom TV 1 bereits ein Interview:

"Ich halte es für nichts Besonderes in einer solchen Situation einen klaren Kopf zu bewahren und zu handeln, um das Schlimmste zu verhindern.

Mein Mann fuhr als Kontrolleur auf der Bahnstrecke Quickborn - Pinneberg und auch da hab ich einmal eigenhändig die Notbremse gezogen, als ich ihn beim Kartenspielen mit dem Schaffner erwischte! Leider ist kurze Zeit später ein Güterzug aufgefahren und seitdem bin ich Witwe ..."

© W. Mürmann/Tomus Verlag, München